Friday, March 28, 2008

Historisierung in Frontiers - Aktualität und Überzeitlichkeit

Das noch nicht fertiggebastelte Computerspiel Frontiers von
Goldextra, mutet beim ersten hinsehen an wie eine megaausgeflippte
moderne Idee, weil man auf der Flucht ist ( cool!) und sich nach
Europa einschleicht ( einschleichen, cool!) . Und es stimmt. Frontiers
ist ziemlich cool, aber es hat noch einige verzwicktere Punkte, die
erst bei genauerem Hinsehen zu Tage treten. Es teilt beispielsweise
einige Probleme mit der Situation der Produzenten von Schlachten -
bildern und Ereignisbildern in Frankreich um 1800.
Außerdem wird bei Frontiers versucht ein historisches Statement,
mit bestimmten künsterischen Mitteln zu machen zum Thema
"Fortress Europe". Ich muß bei Fortress Europe an
Merkantilismus unter einem absolutistischen Herrscher denken,
der Angst um seine Außenhandelsbilanz hat. Hm,...vielleicht
kein so guter Einstieg für das was mich interessiert, weil ich eigentlich
die Verteilung von Kontrollfunktionen auf das Individuum mit der
Säkularisierung vergleichen wollte.
Es gibt beim Thema Fortress Europe und bei beim Machtverlust von
Religion, Kult und Mythos durch Rationalisierung nämlich eine intere -
ssante Parallele.
In der "Festung Europa", der "Fortress Europe" gibt es nämlich einen
Auflösungsprozess der Grenzen. Die Grenze ist nicht mehr ein riesiges
unüberwindliches Bollwerk an dem man nicht vorbeikommt.
Stattdessen wird sie in viele kleine Kontrolleinheiten unterteilt.
Schärfere Kontrollen am Flughafen, Überwachungskameras in der
U-Bahn und dergelichen sind Beispiele für das Aufteilen der Kontroll -
instanz Grenze in viele kleinere Kontrollinstanzen, die direkt auf den
Einzelnen und das Leben des Einzelnen abzielen. Je nachdem was er
tut versammelt er unterschiedliche Kontrollinstanzen auf sich. Die
Fortress Europe ist also als Idee momentan noch ein "Bollwerk" um
Europa herum, aber es entwickelt sich eigentlich gleichzeitig zu einem
auf den einzelnen abgestimmten "Grenzcocktail" oder
"Kontrollinstanzsalat" bei dem man sich die Zutaten teilweise selber
aussuchen kann. Jeder muß also in Zukunft mit seinem eigenen
"Fortress Europe Überwachungssalat" leben.
In der Religion ist Gott als festes Bollwerk ebenfalls zerfallen. Statt
Gott haben wir jetzt eine Menge Fragen. Das haben wir der Wissen-
schaft zu verdanken, der Aufklärung, Descartes mit seiner Zweiflerei,
und so weiter. Unsere Begriffliche Wirklichkeit ist Entzaubert steht
bei Reinhard Koselleck und jedenfalls bedeuted das, daß wir jetzt
nicht mehr, eigentlich schon echt lange nicht mehr, eine feste
Instanz haben, die sich um die Fragen des Daseins kümmert, sondern
wie bei der Fortress Europe steht man vor einer großen Salatbar und
und kann sich unterschiedlichste Zutaten in der individuellen Salat -
schüssel namens Psyche zusammenmischen, und hoffen, dass das
ganze einigermaßen schmeckt.
Das führt eigentlich zur folgender megascharfsinnigen Erkenntnis:
Die "Festung Europa" überlegt sich gerade eine Strategie wie sie sich
als Salatdressing tarnen kann um sich über das Buffet des Lebens einen
Weg in die Salatschüssel unserer Psyche planen kann !
Deshalb Leute, kauft mehr Bioessen !
Zu den Problemen der Aktualität in Frontiers und was das mit den ersten
Experimenten massenmedialer Beeinflussung in den Pariser
Salons des 19. Jh. zu tun hat schreibe ich das nächste mal ( der letzte Satz
steht hier nur als Stichwort für mich, damit ichs nicht vergesse )

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